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Ab in den Container - Big Brother ist wieder da
Von Moritz Ballenstein-Die Welt.de
12 Menschen, 150 Tage, ein Haus, tausende Kameras, 250.000 Euro: "Big Brother" ist zurück. Doch statt Abenteuer und Experimente erwartet den Zuschauer eine ordinäre Dating-Show und die Frage: Wer passt ins Beuteschema des Bodybuilders?
Früher mussten sich Gerichte mit dem Phänomen „Big Brother“ juristisch auseinandersetzen. Politiker gingen auf die Barrikaden, um die Containershow zu verbieten, Psychologen warnten vor den Folgen des Experiments für die Teilnehmer. Am Montagabend startete auf dem Privatsender RTL2 die mittlerweile siebte Staffel des Formats. Ohne großes Aufsehen, denn die Sendung ist zu einer ordinären Singleshow verkommen. 12 Hausbewohner, 150 Tage im TV-Knast, mögliche Gewinnsumme 250.000 Euro – das gab es alles schon vorher.
Als Big Brother im Millenniumsjahr 2000 zum ersten Mal über die Bildschirme der Bundesrepublik flackerte, konnte sich das Team um den Produzenten John de Mol über ein Millionenpublikum freuen. Die allabendlichen Schaltungen in die Kölner WG bescherten RTL2 Marktanteile von bis zu 40 Prozent. Die Stars der ersten Staffel hießen Alex, Manu, Zlatko und Jürgen. Bis auf jenen Jürgen Milski, den sympathischen Automechaniker aus den Kölner Ford-Werken, sind fast alle Teilnehmer von der medialen Bildfläche verschwunden.
Nun moderiert Jürgen zusammen mit Charlotte Karlinder (Sat.1 Frühstücksfernsehen) die Big Brother 2007 Reanimation. RTL2 hält das für einen genialen Plan und nennt das Ganze „Back to the roots“. Unter diesem Motto steht die gesamte siebte Staffel, dabei erinnert im Remake nur wenig an die erfolgreichen Anfangstage der Show.
Die neuen Kandidaten
Am Montagabend sind die ersten acht der insgesamt zwölf Bewohner in ihr neues Heim eingezogen. Doch fehlen bei der Auswahl der Teilnehmer echte Charaktere. In den ersten Staffeln rekrutierte Neugierde und Abenteuerlust die Freiwilligen. Heute sind es Perspektivlosigkeit und Schulden. Also heißen die neuen Real-Life-Helden Sonja, Leon oder Basti und arbeiten als Promoter, Mauer oder Lagerist. Die Rollenverteilung im Haus ist klar. Wem es sich nicht gleich erschließt, dem hilft die vorlaute Moderatorin Charlotte Karlinder, an diesem Premierenabend leider in einem viel zu engen Blazer, auf die Sprünge. So stellt sie den türkischstämmigen Eddy als Frauenheld vor: „Optisch bist du ja auch eine Granate“. Doch wer passt ins Beutschema des Bodybuilders? Die Antwort darauf liefert Moderatorenkollege Jürgen und präsentiert die Bayerin Sonja im knappen Bikini: „Mein Gott bist du blond! Mein Gott bist du schön!“
Je länger die Sendung an diesem Abend dauert, umso mehr drängt sich der Eindruck einer großen Datingbörse auf. Alle Neubewohner werden nach ihren sexuellen Vorlieben befragt. Die Standardantwort: „Heterosexuell und Single.“ Jürgen bohrt gerne noch einmal nach, zum Thema Sex im Container. Und Teilnehmer Basti sieht es sportlich: „Mit Sex kann man doch auch super Kalorien verbrennen.“
Einziger Lichtblick ist das 26-jährige Ruhrpottgewächs Christian. Der solariumgebräunte Hänfling lässt sich gern von Mutti bekochen und verfügt über ein tollpatschiges Mundwerk, das einige Heiterkeit verspricht. Über sich selbst sagt er im Einspieler: „Ich habe irgendwo sicher einen gewissen Charme.“
Das Unterschichtenfernsehen am Tiefpunkt
Das Produktionsteam um Chef John de Mol hofft mit der Neuauflage endlich wieder an alte Erfolge anzuschließen, nachdem Konzepte wie die Langzeitsendung „Das Dorf“ grandios enttäuschten. Die Big Brother-Idee verkaufte Endemol weltweit, über 100 Staffeln gab es international bislang. Ein Ende ist nicht abzusehen. Gerade erst sorgte die englische Prominentenversion für einen schweren Skandal, weil eine ehemalige Bewohnerin die indische Schauspielerin Shilpa Shetty vor laufender Kamera rassistisch beleidigte. Es folgte eine offizielle Beschwerde des indischen Ministerpräsidenten bei Tony Blair.
Von so einem Publicityschub können die deutschen Kollegen momentan nur träumen. Hier hat das Unterschichtenfernsehen längst seinen Tiefpunkt erreicht: Sex vor laufender Kamera ist fest eingeplant, Prügeleien und sogar eine Hochzeit im Haus gab es schon. RTL2 muss sich wohl noch einiges mehr einfallen lassen, um seine verwöhnten Zuschauer über 150 Tage bei der Stange zu halten.